Blockchain Gedankenexperiment
Transformiert die Blockchain nun auch den Sport?
Ready, Set, Block
Die Blockchain ist in aller Munde und ständig zeigen sich neue Einsatzgebiete der Technologie. Verwendung findet sie nicht nur bei Kryptowährungen wie dem Bitcoin oder Ethereum, sondern spielt auch in anderen Branchen wie der Logistik eine immer größere Rolle. Fällt nun auch der Startschuss für die nächste Branche?
Andreas Gerauer, CTO von Tickaroo , versucht sich an einem Gedankenexperiment und zeigt auf, wie die Blockchain den Sport verändern könnte.
Die Blockchain-Technologie bringt frischen Wind in die Digitalisierung. Es gibt keine zentrale Datenbank, sondern multiple eigenständige Kopien der Daten. Bislang diente meist eine zentrale Infrastruktur, die von wenigen oder einer Person kontrolliert wurde, zur Datenvalidierung. Mithilfe der Blockchain liegen dieselben Datensätze weltweit verteilt auf vielen Computern in einem Netzwerk. Wie diese Infrastruktur aufgebaut ist und wie Änderungen vorgenommen werden, entscheidet die Software anhand von Regeln. Niemand kann diese Regeln gegen den Willen der anderen Netzwerkteilnehmern ändern. Manipulationen von Datenbanken sind somit fast ausgeschlossen.
Die Blockchain-Benefits: Dezentralisierung und Demokratisierung
Dieser Umstand birgt große Potenziale in der Demokratisierung der digitalen in Verbindung mit der realen Welt. Die Finanzbranche setzt sich mit dem Thema Bitcoin und Blockchain aktiv auseinander, mit dem Sport könnte nun in Zukunft eine weitere folgen. Bald könnten Schiedsrichterentscheidungen oder Kadernominierungen gerechter als jemals zuvor stattfinden. Auch die traditionellen Verbandsstrukturen könnten durch die Blockchain-Technologie bröckeln – oder auch nicht? Ein Gedankenexperiment:
Kadernominierung 2.0 – Der dezentrale Nationaltrainer
Von Klub- bis hin zu Nationalmannschaften: Die sportliche Leitung ist immer darauf fokussiert die besten Spieler zusammenzubringen. Was wäre, wenn die Leistungsdaten der Sportler erfasst, ausgewertet und analysiert werden würden, um dann per demokratischer Entscheidung aller Fans den idealen Kader zu bestimmen? Die Fans würden entscheiden, wer auf dem Platz steht und wie vielleicht sogar die Taktik lautet. Im Übrigen: Auch der Nationaltrainer ließe sich natürlich demokratisch wählen. Erfolg und Niederlage wären also von dann an eine Entscheidung kollektiver Verantwortung und würde auf den Schultern aller verteilt sein.
Das digitale Spielfeld: Anpfiff für den Schiedsrichter-Bot und KI
KI machts möglich: Vollautomatisierte Trackingsysteme, Video-Assistenten und Tor-Kameras sind erst der Anfang, weitere Technologien werden folgen. Auch Blockchain? Fouls, Spielverzögerungen oder Abseitsentscheidungen zugunsten des Angreifers ließen sich per Softwareanalyse objektiv bestimmen. Diese Entscheidung könnte auf der Blockchain unveränderbar festgehalten werden. Eine Lösung hierfür wäre ein Schiedsrichter-Bot, ein digitaler Referee, der die Bewegung jedes Spielers analysiert und z.B. Vergehen bestraft. Gibt es in Zukunft programmierte Regeln für z.B. Toleranzgrenzen? Wann ist ein Foul ein Foul? Wann ist Abseits wirklich Abseits? Wann muss eine Spielverzögerung geahndet werden? Fragen und folglich Grundsatzentscheidungen, die in Zukunft über die Blockchain getroffen werden könnten.
Verwaltungsstrukturen und Vermarktung adé: Gibt es eine Zukunft für Verbände?
Internationale, kontinentale, nationale und regionale Verbände stehen über allen Sportarten und sorgen für die Organisation des Wettbewerbs. Doch sind sie überhaupt notwendig? Nein, denn die Ansetzung und Organisation von Spielen, Modalitäten rund um den Aufstieg, Abstieg, die Bestimmung von Siegern und Verlierern, sind vollständig automatisierbar. Für Vereine wäre eine dezentrale Steuerung daher von Vorteil. Viele kleine Vereine regionaler Verbände sind den zentral bestimmten Regularien und Verpflichtungen des Verbandes ausgesetzt. Und: Diese können sich jederzeit ändern! Hier ergibt sich durch eine Blockchain Potenzial für eine Entschlackung der Liga-Bürokratie. Warum ist der Verband zudem noch wichtig: die Verteilung von Geldern. Zum Beispiel die Vermarktung für Vereine könnte sich zukünftig radikal ändern. Am Beispiel der Verteilung der Fernsehrechte könnte die Blockchain dazu beitragen, dass alle Contents auf einer Plattform zur Verfügung stehen. Wären alle relevanten Vereine an das gleiche System angeschlossen, würde es das dem User ermöglichen pro Spiel, pro Liga oder im Abo zu bezahlen. Ein System mit gleichen Preisen für alle. Darüber wäre wohl jeder leidgeplagte Fußball-Zuschauer aus Deutschland wohl mehr als glücklich.
Blockchain im Sportbereich bleibt ein digitaler Traum
Die Blockchain-Technologie verspricht zwar speziell in den Bereichen Finanzen – oder auch Wahlen – die Zukunft zu sein. Die Digitalisierung und Demokratisierung des Sports würde aber selbigen vermutlich aus den traditionellen Fugen herausholen und wiederum auf Widerstand stoßen. Auf Verbandsebene scheint da der Einsatz der Technologie sehr spannend, doch an eben jener Stelle stehen sowohl Funktionärsinteressen als auch große technische Herausforderungen der Blockchain gegenüber. Kryptowährungen wie Bitcoin zeigen, dass traditionelle Institutionen, wie eben im Bankwesen, sehr schnell in Frage gestellt werden, wenn sich Alternativmodelle aufzeigen. Aktuell ist es noch schwierig im Alltagsgebrauch Bitcoins unter die Leute zu bringen. So scheitert bislang u.a. noch der Einkauf an den Supermarktkassen. Jedoch wurde mit dem letzten Hype ein zweiter Schritt in diese Richtung gemacht. Eine Währung wird letztendlich durch den Glauben an ihrem Wert validiert. Dieser Glaube hat sich in den letzten Monaten massiv verstärkt. Dennoch liegt hier ein langer Weg vor Bitcoin und auch anderen Blockchain-Anwendungen und Bereichen. Auch die Dezentralisierung und Demokratisierung der Sportbranche mithilfe von Blockchain bleibt daher vorerst ein digitaler Traum, der in Zukunft aber auch große Chancen eröffnen könnte.