Cyberbedrohungen
Smart Fashion: Funktionskleidung als Einfallstor für Hacker
Von Marco Eggerling, Global CISO bei Check Point Software Technologies
Das Internet der Dinge (IoT) hat sich rasant entwickelt und erfasst immer mehr Bereiche des täglichen Lebens. Während smarte Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Toaster oder Staubsauger bereits fest etabliert sind, hat das IoT längst auch die Modebranche erreicht.
Smarte Kleidung, oft als Techwear oder Smart Fashion bezeichnet, kombiniert modisches Design mit fortschrittlicher Technologie und Künstlicher Intelligenz (KI). Doch mit dieser technologischen Revolution kommen auch neue Risiken: Smarte Kleidung kann zu einem ernsthaften IT Security-Risiko werden.
Modehäuser stehen vor der Herausforderung, Technologie, Funktionalität und Komfort in ihren Kleidungsstücken zu vereinen. Fragen zur Aufladung der Akkus oder zur Pflege und Reinigung von elektronisch angereicherter Kleidung sind dabei nur ein Teil der Problematik. Viel bedeutender sind die IT-Sicherheitsrisiken, die sich aus der Vernetzung dieser Kleidung mit dem Internet ergeben. Leider wird dieser Aspekt oft zugunsten von Kosteneinsparungen vernachlässigt, was smarte Kleidung zu einem attraktiven Ziel für Hacker macht.
Von innovativen Funktionen zu potenziellen Gefahren
Smarte Kleidung bietet eine Vielzahl innovativer Funktionen: Von wasserdichten und atmungsaktiven Materialien über integrierte LED-Beleuchtung zur Verbesserung der Sichtbarkeit bis hin zu temperaturgesteuerten Heizelementen oder Materialien, die auf Umwelteinflüsse reagieren. All diese intelligenten Funktionen bieten einen Mehrwert, bergen jedoch erhebliche Cyber-Sicherheitsrisiken. Jedes mit dem Internet verbundene Gerät, einschließlich intelligenter Kleidung, kann potenziell gehackt werden.
Die Vorteile smarter Kleidung sind oft eng mit potenziellen Risiken verknüpft. Eine smarte Jacke könnte in den Bergen nicht nur wärmen, sondern auch lebensrettend sein, indem sie Stürze erkennt und automatisch Notdienste alarmiert. Gleichzeitig könnten dieselben Funktionen von Hackern manipuliert werden, was zu unerwarteten und gefährlichen Situationen führen könnte. Was nach Science-Fiction klingt, ist längst Realität. Beispiele zeigen, dass selbst harmlose Geräte wie intelligente Glühbirnen oder Staubsauger für Cyberangriffe genutzt werden können, um ganze Netzwerke zu infiltrieren. Die Folgen solcher Sicherheitslücken sind gravierend: Gestohlene Daten könnten für gezielte Angriffe genutzt werden, während Zahlungsdaten wie Kreditkartennummern im Darknet verkauft oder direkt für finanzielle Betrügereien verwendet werden könnten.
Smarte Kleidung als Überwachungstool
Intelligente Kleidung kann weit mehr umfassen als Jacken oder Hosen – selbst Schuhe und Socken können mit biometrischen Sensoren ausgestattet werden, die Gesundheitsdaten wie Herzfrequenz, Atmung und Muskelaktivität überwachen. Ein besonders bedrohliches Szenario wäre ein gehacktes Kleidungsstück, das falsche Gesundheitsinformationen liefert, um den Träger zu manipulieren oder ihn zu gefährlichen Handlungen zu verleiten. In einer Stresssituation könnte ein gefälschter Gesundheitsalarm leicht zu Panik und unbedachtem Verhalten führen.
Auch smarte Kleidungsstücke mit eingebauten Mikrofonen und Lautsprechern, die mit virtuellen Assistenten verbunden sind, bieten potenzielle Angriffspunkte. Diese Geräte könnten genutzt werden, um unbemerkt Gespräche abzuhören und vertrauliche Informationen zu sammeln. Ein Beispiel dafür sind smarte Jacken, die sich über das Smartphone steuern lassen und als Freisprecheinrichtung dienen. Gerade in sensiblen Situationen wie Geschäftstreffen könnte eine solche Jacke ungewollt zur Abhörvorrichtung werden.
Andere tragbare Technologien, wie Smartwatches, intelligente Prothesen oder Exoskelette, bieten nützliche Funktionen, können aber ebenso Ziel von Angriffen werden. Besonders beunruhigend sind smarte Brillen oder Kontaktlinsen, die Echtzeitdaten anzeigen oder die Umgebung analysieren. Werden diese Geräte gehackt, könnten sie falsche Informationen liefern und gefährliche Situationen hervorrufen.
Notwendigkeit von Sicherheit ab Werk
Viele smarte Kleidungsstücke können auch als Zahlungsmittel genutzt werden und sammeln neben Gesundheitsdaten auch Finanzinformationen. Damit werden die Träger dieser Kleidung potenziell erpressbar, und Cyberkriminelle könnten Lösegeld für die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit fordern. Darüber hinaus bieten GPS-Module in diesen Kleidungsstücken die Möglichkeit, Bewegungsprofile zu erstellen oder Stalking zu erleichtern. Tragbare Technologien sind meist mit Smartphones, Heimnetzwerken oder sogar Unternehmensnetzwerken verbunden und greifen auf verschiedene Cloud-Dienste zu. Ohne ausreichende Sicherheitsmaßnahmen können diese Geräte selbst zum Angriffsziel oder als Einfallstor für großflächige Angriffe auf andere Geräte und Netzwerke genutzt werden.
Es sind jedoch nicht nur die Benutzer dieser Technologien, die gefährdet sind. Ein erfolgreicher Cyberangriff kann auch auf ganze Lieferketten überspringen und erhebliche Schäden verursachen, zum Beispiel durch das Einspielen von Malware in smarte Kleidung. Dies könnte zu großen finanziellen Verlusten, hohen Strafen für Datenschutzverletzungen und einem irreparablen Schaden des Markenrufs führen.
Fazit: Smarte Kleidung erfordert smarte Sicherheitsstrategien
Smarte Mode hat den Begriff "Funktionskleidung" auf ein neues Niveau gehoben, bietet jedoch auch ein hohes Risiko. Im Gesundheitswesen, im Militär oder in der Raumfahrt könnte smarte Kleidung zukünftig eine Schlüsselrolle spielen. Die Schwierigkeit, Sicherheitslücken in diesen Geräten zu schließen, macht sie jedoch zu einem leichten Ziel für Cyberkriminelle, die bekannte Schwachstellen ausnutzen.
Jede nützliche Funktion smarter Accessoires kann ebenso zu einer Falle für den Nutzer werden. Verbraucher sollten daher nur von vertrauenswürdigen Herstellern kaufen, die sich an Datenschutzrichtlinien halten. Hersteller wiederum müssen sicherstellen, dass IT-Sicherheit bereits ab Werk gewährleistet ist und regelmäßige Updates und Patches bereitgestellt werden, um potenzielle Risiken zu minimieren.