International Institute for Strategic Studies (IISS)

Cyberfähigkeiten der Staaten im globalen Vergleich

Cyberfähigkeiten der Staaten im globalen Vergleich

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Cyber-Attacken kontinuierlich zugenommen. Dies bestätigt unter anderem der Mid-Year Report von Check Point, laut dem die durchschnittliche Zahl der wöchentlichen Angriffe in der EMEA-Region in der ersten Jahreshälfte 2021 um mehr als ein Drittel (36 %) angestiegen ist. Wie deftipps.com, eine Seite zum Thema Security , berichtet geht ein Großteil der Angriffe noch immer von kriminellen Hackergruppen aus. Staatliche Akteure, die vor allem aus China, Russland, Nordkorea und dem Iran stammen und von dort demokratische Staaten, Unternehmen und Institutionen angreifen, nehmen aber einen immer größeren Stellenwert ein.

Das Internet wandelt sich dadurch zunehmend zu einem neuen Schlachtfeld für internationale Konflikte. Wissenschaftler des International Institute for Strategic Studies (IISS) in London haben deshalb im Rahmen der Studie „Cyber Capabilities and National Power: A Net Assessment“ die Cyberfähigkeiten von 15 Staaten analysiert. Bewertet wurden diese anhand der folgenden Fragen:

  • Wie gut können Angriffe und Bedrohungen im Internet entdecken und verstehen?
  • Wie souverän oder abhängig ist ein Land im Internet?
  • Wie gut sind die Strukturen der Regierung, des Militärs und sonstiger Institutionen in Bezug auf das Internet?
  • Welche Strategie und Doktrin verfolgt ein Land im Cyberbereich?
  • Wie gut kann ein Land sich gegen Bedrohungen verteidigen?
  • Wie stark sind die offensiven Cyberfähigkeiten (Angriffsfähigkeiten) eines Landes?
  • Wie stark ist der Einfluss eines Landes beim Thema Cybersicherheit? Hat das Land international eine Führungsrolle?

Unterteilung in vier Gruppen

Die 15 untersuchten Länder unterteilten die Forscher des IISS in vier Gruppen. Die erste Gruppe bilden die USA, Großbritannien, Kanada und Australien, die der Geheimdienstallianz Five Eyes angehören. Frankreich, Israel und Japan, enge Verbündete der Five Eyes, bilden die zweite Gruppe. Die dritte Gruppe besteht aus China, Russland, dem Iran und Nordkorea, also Ländern, die von den Five Eyes als potenzielle Gefahr im Cyberraum bewertet werden. Abgerundet wird die Studie durch die vierte Gruppe, bestehend aus Indien, Indonesien, Malaysia und Vietnam, die als Entwicklungsländer im Cyberraum gelten. Deutschland wurde in der Studie demnach nicht betrachtet.

USA bei Cyberfähigkeiten führend

Obwohl laut zahlreichen Medienberichten vor allem von Russland regelmäßig Hackerangriffe auf Institutionen und Unternehmen anderen Staaten erfolgen, besitzt das Land laut des IISS überraschenderweise nicht die besten Cyberfähigkeiten. Auch China, das in seine Cyberfähigkeiten und eine etwa 100.000 Personen umfassende Hackerarmee Milliarden investieren soll, liegt nicht auf dem ersten Platz. Führend ist laut der Analyse hingegen die USA, die als einziges Land von den IISS-Analysten in allen Kategorien Bestnoten erhielt. Eine Stufe dahinter liegen China, Russland, Israel oder Großbritannien, die zwar ebenfalls ausgezeichnete Cyberfähigkeiten besitzen, aber noch nicht in allen Kategorien mit den USA ebenbürtig sind. Danach folgen Länder wie Indien, der Iran, Nordkorea oder Japan, die in vielen Kategorien der Cyberfähigkeiten noch große Schwächen haben.

China könnte die USA überholen

Die Dominanz der USA im Cyberbereich geht laut den IISS-Analysten auf den „digital-industriellem Komplex“ zurück, also die enge Zusammenarbeit von Universitäten und Forschungsinstituten, staatlichen Institutionen, dem Militär und Unternehmen. „Die digital-industrielle Überlegenheit der USA, auch in Verbindungen mit Beziehungen zu ihren Alliierten, wird vermutlich noch mindestens zehn Jahre andauern“, so die Autoren der Studie.

„Im Bereich hoch entwickelter Cyber-Technologien und ihrer Nutzung für ökonomische und militärische Macht“ ist die USA China demnach noch weit voraus. Dies liegt auch daran, dass die USA mit ihren Verbündeten, insbesondere mit den Five Eyes Mitgliedern, seit mehreren Jahren daran arbeiten, den Zugriff auf westliche Schlüsseltechnologien im Cyberbereich zu beschränken. Dies verlangsamt Eigenentwicklungen in China laut Experten deutlich. Trotzdem kommt der IISS-Bericht zu dem Schluss, dass „China das Potenzial hat, zur USA an der Weltspitze aufzuschließen“. Dazu muss das Land aber einen eigenen cyber-industriellen Komplex aufbauen. „Dazu müsste die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Regierung sehr viel produktiver werden“, so die Studie. Außerdem müsste China in Zukunft enger mit anderen Staaten im Bereich Cybersicherheit zusammenarbeiten, um noch immer bestehende grundsätzliche Rückstände aufzuholen.