Studie

Krisenpräventionsumfrage 2019: Hackerangriffe, Blackouts und Online-Proteste

Krisenpräventionsumfrage 2019: Hackerangriffe, Blackouts und Online-Proteste

Krisennavigator – Ergebnisse der Krisenpräventionsumfrage 2019

Der Mensch bleibt Krisenursache Nummer eins. Drei von vier befragten Unternehmen, Behörden und Verbänden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein mussten 2018 mindestens einen Krisenfall bewältigen. Jede zweite Organisation führt regelmäßig Krisenübungen durch und hält Krisenräume bereit. Auf PR-Manager und Geschäftsführer will kaum ein Krisenstab verzichten. Digitalisierung, Klimawandel und politische Instabilitäten hinterlassen deutliche Spuren in der Krisenerwartung der befragten Fach- und Führungskräfte. Das sind einige Ergebnisse der Krisenpräventionsumfrage 2019, die der Krisennavigator – Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel, durchgeführt hat. Die Studie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. (DGfKM), dem Berufsverband der Krisenmanager mit Sitz in Hamburg, unterstützt.

Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung

An der Umfrage im März und April 2019 haben Krisenbeauftragte (35 Prozent) und Kommunikationsmanager (65 Prozent) aus 85 Institutionen teilgenommen – 75 Prozent aus Unternehmen, 15 Prozent von Behörden und 9 Prozent aus Verbänden. Gut die Hälfte der Umfrageteilnehmer nimmt eine Leitungsfunktion wahr (54 Prozent). Drei von vier befragten Organisationen mussten 2018 mindestens einen Krisenfall bewältigen (75 Prozent), mehr als ein Viertel sogar drei oder mehr Krisenfälle (26 Prozent). "Die Umfrageteilnehmer verfügen damit über vergleichsweise umfangreiche Krisenerfahrung. Quasi eine Premium-Stichprobe und damit ein Glücksfall für die Krisenforschung", sagt Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor des Krisennavigator – Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel, und Leiter der Studie.

Systematische Medienbeobachtung, Krisenstäbe und Krisenhandbücher sind mittlerweile Standard in mehr als 70 Prozent der befragten Organisationen

Über das Referenzjahr 2018 hinaus hatte jeder zweite Krisenbeauftragte menschenbezogene Krisenfälle wie Unfall, Tod oder Pandemie (55 Prozent) bzw. technikbezogene Krisenfälle wie Cyberangriffe oder Brände (44 Prozent) zu bewältigen. Obwohl medienbezogene Krisenfälle wie Skandale oder Enthüllungen nur den dritten Platz in der Rangliste der Krisentypen einnehmen (29 Prozent), sah mehr als jeder dritte Befragte in diesem Zusammenhang die Fairness von Journalisten deutlich abnehmen (36 Prozent) und mehr als die Hälfte der Befragten die Intensität der Medienberichterstattung deutlich zunehmen (59 Prozent).

Wenig verwunderlich setzen die befragten Organisationen in der Krisenprävention daher insbesondere auf Medienbeobachtung (81 Prozent), Krisenstäbe (78 Prozent) und Krisenhandbücher (72 Prozent). Jede zweite Organisation führt regelmäßige Krisenübungen durch (59 Prozent) oder hält Krisenräume für den Ernstfall bereit (46 Prozent). Im Ergebnis scheint sich die Krisenprävention auszuzahlen: Organisationen ohne durchlebte Krisenfälle setzen eine größere Zahl an Präventionsinstrumenten parallel ein (7,4 versus 6,3), nutzen häufiger systematisches Themenmanagement (48 Prozent versus 30 Prozent), haben häufiger Krisenbeauftragte benannt (76 Prozent versus 56 Prozent) und streben häufiger Zertifizierungen nach DIN oder ISO an (38 Prozent versus 23 Prozent) als solche mit Krisenerfahrung.

Hackerangriffe, Blackouts und Online-Proteste bestimmen die zukünftige Agenda der Pressesprecher und Business Continuity Manager

Im Ernstfall treten in den Krisenstäben im Schnitt Beschäftigte aus gut fünf Abteilungen (5,5) zusammen. Die Kommunikationsabteilung (95 Prozent) und die Geschäftsführung bzw. Behördenleitung (89 Prozent) haben dabei einen festen Platz in fast allen Krisenstäben. Abteilungen mit krisenvermeidenden Aufgaben wie Compliance-Management (32 Prozent), Qualitätsmanagement (27 Prozent) und Risikomanagement (25 Prozent) sind dagegen erstaunlicherweise nur in jedem dritten bis vierten Krisenstab vertreten. Fast alle Organisationen (95 Prozent) benötigen vor, während und nach der Krise externe Unterstützung. Am häufigsten werden Berater (60 Prozent) und Behörden (54 Prozent) kontaktiert. Deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Qualität der Zusammenarbeit: Während externe Berater (1,8), Behörden (2,2) und Betriebsräte bzw. Personalräte (2,3) vergleichsweise gute Noten erhalten, muss die Politik (3,0) viel Kritik einstecken. Sie belegt – über alle Organisationstypen betrachtet – den letzten Platz.

Beim Blick auf die zukünftige Struktur des Krisenumfelds ihres Arbeitgebers erwarten die meisten Befragten eine deutliche Zunahme der Digitalisierung (76 Prozent) und Komplexität (67 Prozent) der Krisenbewältigung sowie eine zunehmende Bedeutung von sozialen Medien in der Krisenkommunikation (74 Prozent). Dies spiegelt sich auch in der erwarteten Entwicklung der Krisenursachen wider. Danach diktieren insbesondere zunehmende Datenintegritätsverletzungen und Hackerangriffe (60 Prozent), Blackouts und IT-Ausfälle (48 Prozent) sowie Shitstorms und Online-Proteste (44 Prozent) die zukünftige Agenda der Krisenmanager. Erstaunlich gelassen blicken die Umfrageteilnehmer dagegen auf Themen rund um das Fehlverhalten von Mitarbeitern und Führungskräften. Nur eine Minderheit rechnet mit einer Zunahme von Fällen von Diskriminierung bzw. "MeToo" (13 Prozent) oder Compliance und Betrug (11 Prozent).

Die Langfassung der Krisenpräventionsumfrage 2019 (22 Seiten) ist in der Reihe "Arbeitspapier Krisennavigator" (ISSN 1610-1855) erschienen. Eine Kurzfassung kann unter www.krisenstatistik.de im Internet abgerufen werden.