Gesundheitswesen

Krankenkassen-App: Eine große Chance für Versicherer und Patienten

Krankenkassen-App: Eine große Chance für Versicherer und Patienten

Vorteile und Chancen

Ein Statement von Arved Graf von Stackelberg, CSO & CMO bei DRACOON

Arved Graf von Stackelberg, CSO &CMO von DRACOON

Die aktuelle Corona-Pandemie stellt die Gesellschaft vor bisher ungeahnte Herausforderungen. Gerade im Bezug auf den Healthcare-Bereich hat die Krise im Zusammenhang mit der Digitalisierung eine Reihe grundsätzlicher Fragen aufgeworfen. Gerade jetzt zeigt sich die Bedeutung einer schnellen, unkomplizierten Bereitstellung von Diagnosen und die Wichtigkeit flexibler, vertraulicher Kommunikation verschiedener Ärzte, Krankenhäuser und Versicherungen untereinander. Insgesamt ist die Digitalisierung in diesem Bereich hierzulande in den letzten Monaten einen großen Schritt vorangegangen. Dies zeigt sich durch vermehrte Möglichkeiten im Rahmen von Online-Sprechstunden oder durch die Corona-Warn-App. Auch wegen dieser Entwicklungen steigt bei Patienten mehr und mehr der Wunsch nach größerer Flexibilität und schneller Verfügbarkeit, wenn es um Informationen und die Kommunikation mit Dienstleistern wie der Krankenkasse geht. Doch wie steht es allgemein um die gesetzlichen Bestrebungen im Hinblick auf die Digitalisierung im Gesundheitsbereich? Und welche Chancen ergeben sich hier konkret für Versicherer?

Die Krankenakte bald digital verfügbar

Im Januar 2021 ist es soweit – die elektronische Patientenakte (ePA) tritt in Kraft. Laut dem Beschluss, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) angestoßen hat, sollen alle gesetzlich Versicherten von ihrer Krankenkasse eine elektronische Patientenakte erhalten. Diese soll Aufschluss darüber geben, welche Medikamente ein Patient einnimmt, Daten zu früheren Behandlungen und Vorerkrankungen liefern und Informationen zu den Blutwerten enthalten. Im Falle eines Arztwechsels sind diese wichtigen Daten auch für einen weiterbehandelnden Arzt leicht einsehbar. Die ePA soll nicht nur im Notfall schneller lebenswichtige Daten bereitstellen, sondern auch doppelte und damit nicht notwendige Untersuchungen vermeiden. Dabei entscheidet jeder Versicherte selbst, ob er eine elektronische Patientenakte wünscht, welche Daten dort überhaupt gespeichert werden und was genau von wem eingesehen werden darf. Alle enthaltenen Informationen sollen zu jeder Zeit per App vom Versicherten kontrollierbar sein.

Folgende Informationen sollen in der elektronischen Patientenakte künftig gespeichert werden:

  • Befunde
  • Diagnosen
  • Therapiemaßnahmen
  • Behandlungsberichte
  • Impfungen
  • Elektronische Medikationspläne
  • Elektronische Arztbriefe
  • Notfalldatensätze

Darüber hinaus können vom Arzt auch eigene Daten (wie beispielsweise ein Tagebuch zur Blutzuckermessung etc.) angelegt werden.

Neue Gesetze fördern Digitalisierung im Healthcare Sektor

Außerdem sollen mit dem Inkrafttreten des Digitalen Versorgungs-Gesetzes (DVG), das zum 7. November 2019 durch den Bundestag beschlossen wurde, in Zukunft digitale Gesundheitsanwendungen per App für gesetzlich Versicherte zur Kassenleistung werden. Diese Apps können beispielsweise zur Einnahme von Medikamenten, der Bekämpfung von Rückenschmerzen oder auch Depressionen helfen. Die Kosten dafür werden jedoch nur dann von den Kassen übernommen, wenn die jeweilige App vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Datenschutz, Funktionalität und Datensicherheit geprüft, sie von einem behandelnden Arzt verordnet wurde und als Voraussetzung eine begründete Diagnose vorliegt. Diese Anforderungen stellen jedoch gerade IT-Verantwortliche bei den Leistungsträgern vor eine große Herausforderung. Im Zuge dessen soll ab September 2020 das sogenannte Telematrik-Infrastrukturgesetz (TI) alle Beteiligten im Gesundheitswesen wie Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Apotheken und Krankenkassen verpflichtend miteinander vernetzen.

Das neue Gesetz wird aber auch die Gesundheitsforschung massiv unterstützen. So sollen digitale Abrechnungsdaten der Krankenkassen pseudonymisiert und auf Antrag an die Forschung als anonymisiertes Ergebnis übermittelt werden. Der Wissenschaft stehen künftig auf diese Art und Weise noch aktuellere und vor allem mehr Daten in einem geschützten Raum zur Verfügung, die wiederum eine deutliche Verbesserung in der Gesundheitsversorgung sicherstellen sollen.

Mangelnde Vernetzung und unterschiedliche Standards sorgen für Probleme

Die größte Herausforderung stellt aktuell die mangelnde Vernetzung im Gesundheitswesen dar. Durch die vielen unterschiedlichen Datenlösungen und die variierenden Systeme bei den Leistungserbringern kommt es oft zu Medienbrüchen. So müssen Daten mehrfach erfasst werden und dies führt – neben dem erhöhten Aufwand – auch nicht selten zu Erfassungsfehlern. Mit dem DVG soll die Grundlage für offene, standardisierte Schnittstellen geschaffen werden, die es möglich macht, Daten künftig schneller, leichter und auf Basis internationaler Standards zu tauschen. Durch Gesetzesänderungen und die Einführung der elektronischen Personalakte werden Krankenkassen dazu ermutigt, ihr Service-Angebot um digitale Dienstleistungen zu erweitern. Um die immer weiter voranschreitende Digitalisierung des Gesundheitssektors bestens für sich und die bessere Versorgung der Patienten zu nutzen, eignet sich hier am besten eine eigene App.

Akzeptanz bei mobilen Usern groß, wenn Daten vor Missbrauch sicher sind

Wie eine aktuelle Studie des Marktforschungsunternehmens Fittkau & Maaß zeigt, nutzt bereits jeder dritte Smartphone-User (32,9 Prozent) mindestens eine App aus dem Bereich Fitness, Gesundheit und Ernährung. Befragt wurden hierzu 2.600 deutsche Nutzer mobiler Endgeräte. Damit sind gesundheitsfördernde Apps deutlich auf dem Vormarsch.

Weiterhin zeigte eine Erhebung der Unternehmensberatung PwC, dass viele Menschen in Deutschland digitalen Gesundheitsdiensten offen gegenüberstehen. Rund drei Viertel der Befragten finden demnach digitale Verwaltungsprozesse „gut“ oder sogar „sehr gut“. Prinzipiell unterstützen 60 Prozent die vermehrte Förderung der Telemedizin, genauso groß ist die Zustimmung, eine zentrale Gesundheitsdatenbank einzurichten, die Wissenschaftler zur Analyse und Auswertung von Therapien nutzen können. Im Hinblick auf elektronische Rezepte, die Nutzer direkt auf ihrem Smartphone aufrufen könnten, sagten ganze 41 Prozent, sie könnten sich die Nutzung „auf jeden Fall“ vorstellen, 35 Prozent antworteten hier mit „vielleicht“. Ganz eindeutig war allerdings die Einschätzung der Bedeutung des Themas Datenschutz – 93 Prozent der Befragten gaben an, dass persönliche Daten nicht ohne Zustimmung weitergegeben werden sollten. Dies unterstreicht noch einmal die Wichtigkeit, dass Nutzer wirklich darauf vertrauen können, dass Unbefugte ihre Daten nicht einsehen können. Konkret befragt wurden für die Studie rund 1.000 Menschen ab 18 Jahren.

Krankenkassen-App: die Vorteile und Chancen im Blick

Die grundsätzliche Offenheit und der Wunsch innerhalb der Bevölkerung nach mehr digital verfügbaren Gesundheitsdienstleistungen stellt eine Chance für Krankenkassen dar, hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen und die Digitalisierung innerhalb des Healtcare-Sektors aktiv mit voranzutreiben. Hier ergeben sich sowohl für die Patienten als auch die Versicherer einige Vorteile.

Vorteile für die Versicherten

  • Vereinfachtes Einreichen von Dokumenten
  • Elektronische Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
  • Alle Dokumente / Informationen auf einen Blick
  • Schnelle und bequeme Änderung von persönlichen Daten
  • Überblick über gängige Service-Rufnummern
  • Kostenlose Nutzung zu jeder Zeit an jedem Ort
  • Praktische Tipps und Informationen rund um die Gesundheit

Vorteile für die Krankenkassen

  • Unterstützung bei der Prävention
  • Bedarfsgerechte medizinische Versorgung der Patienten
  • Bessere Kontrolle / Unterstützung
  • Passgenauere Auswertung von Patientendaten
  • Kostensenkung durch „gesündere Versicherte“
  • Verringerung des Verwaltungsaufwands

Bei allen Pluspunkten gilt es zu beachten, dass das Potenzial von Krankenkassen-Apps nur voll ausgeschöpft werden kann, wenn die sensiblen Patientendaten zu jeder Zeit maximal geschützt sind. Oberste Priorität sollten deshalb Krankenkassen, aber auch Versicherte dem sicheren Speicherort der Daten beimessen. Wenn diese Anforderungen berücksichtigt werden, liefern Krankenkassen-Apps einen beiderseitigen Nutzen und leisten einen wichtigen Schritt zur Digitalisierung im Gesundheitsbereich.

Worauf Krankenkassen bei der Implementierung achten sollten

Für die konkrete Umsetzung der App bietet sich häufig die Nutzung eines Anbieters aus dem Bereich der Enterprise File Services an, der die Infrastruktur für die Anwendung liefert. Gerade weil die Themen Datensicherheit und -Schutz eine zentrale Rolle für den Erfolg der App spielen, sollten Versicherer sich die Zeit nehmen und technische Lösungen kritisch prüfen, um sicherzustellen, dass Patientendaten zu keiner Zeit gefährdet sind. Die Sicherheit der sensiblen Informationen muss nicht nur am Speicherort selbst, sondern auch im Rahmen des Datentransfers gewährleistet sein.

Erst einmal ist es wichtig zu überprüfen, ob die Sicherheit des Anbieters durch anerkannte Zertifizierungen belegt ist und die staatlichen Anforderungen an den Schutz von Gesundheitsdaten erfüllt sind. Hierzu zählt die BSI C5 Zertifizierung (Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue). Dieser Leistungskatalog spezifiziert Mindestanforderungen an sicheres Cloud Computing und richtet sich in erster Linie an professionelle Cloud-Anbieter, deren Prüfer und Kunden. Die Testierung darf ausschließlich von einem Wirtschaftsprüfer als unabhängigem Dritten durchgeführt werden. Auch wichtig ist das ISO/IEC 27001-Zertifikat, die international führende Norm für Informationssicherheits-Managementsysteme. Weiterhin ist der Prüfungsstandard 951 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. – abgekürzt als IDW PS 951 – von großer Bedeutung, weil auch er zeugt von unabhängig geprüfter Sicherheit. Die Norm beinhaltet die Prüfung des internen Kontrollsystems beim Dienstleistungsunternehmen und die für dieses ausgelagerten Funktionen. Außerdem wichtig für die Sicherheit ist eine clientseitige, offen gelegte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Bei dieser Technologie werden die Daten bereits am Endgerät verschlüsselt – dies ermöglicht maximale Datensicherheit. Im Idealfall wird die Verschlüsselung open-source bereitgestellt. Das bedeutet, jeder kann diese nutzen und sich selbst von ihrer Lückenlosigkeit überzeugen.

Für eine einfache Umsetzung und eine zeitnahe Integration ist es von Vorteil, wenn der File Service über eine offene API-Schnittstelle verfügt, denn in dem Fall kann diese einfach an die App angebunden werden. Somit werden sämtliche Belege und Dokumente, die für den Austausch zwischen Versicherten und der Krankenkasse notwendig sind, nun gesichert empfangen und in der App verwaltet. Der File Service ist im besten Fall unsichtbar im Hintergrund der sichere Speicherort für alle Daten. Idealerweise ist der Up- und Download für die Versicherten unkompliziert per App möglich. Für das tägliche Handling von Vorteil ist es auch, wenn Krankenkassen den Enterprise File Service, der für die App genutzt wird, gleichzeitig auch für die interne Nutzung verwenden. Wenn die Mitarbeiter mit der gleichen Lösung arbeiten, können beispielsweise eingereichte Rechnungen noch einfacher direkt und sicher weiterverarbeitet werden – dies kann manuell oder aber vollautomatisiert geschehen.

Wenn Krankenkassen diese Punkte berücksichtigen, können sie den Kundenwünschen nach mehr Flexibilität auf sichere Weise nachkommen. Außerdem werden sie der aktuellen Notwendigkeit schneller Kommunikation der Dienstleister untereinander – insbesondere in Zeiten der Pandemie – besser gerecht. Gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag für die Digitalisierung – sowohl für das eigene Unternehmen als auch für den Gesundheitssektor als Ganzes.